Umgang mit toxischem Verhalten und narzisstischen Persönlichkeiten in der Mediation

In letzter Zeit häufen sich Anfragen, die sich auf den Umgang mit vermeintlich toxischem Verhalten und narzisstischen Persönlichkeiten beziehen. So fragen mich Anrufer in den ersten Minuten schon, ob ich mit toxischem Verhalten oder einem Narzissten oder einer Narzisstin umgehen kann. Daher möchte ich in diesem Beitrag näher auf dieses wichtige Thema eingehen.

Was ist eine narzisstische Persönlichkeitsstörung?

Nach dem DSM-5  (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) wird eine narzisstische Persönlichkeitsstörung durch folgende Kriterien definiert (mindestens fünf der Merkmale müssen zutreffen):

  • Ein grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit.
  • Fantasien von grenzenlosem Erfolg, Macht, Brillanz, Schönheit oder idealer Liebe.
  • Glaube, besonders und einzigartig zu sein und nur von ebenso besonderen oder hochgestellten Personen verstanden zu werden.
  • Verlangen nach übermäßiger Bewunderung.
  • Anspruchshaltung (unrealistische Erwartungen an bevorzugte Behandlung).
  • Ausnutzen zwischenmenschlicher Beziehungen für eigene Ziele.
  • Mangel an Empathie.
  • Neid auf andere oder die Annahme, andere seien neidisch auf einen selbst.
  • Arrogantes, hochmütiges Verhalten.

Zusätzlich beschreibt die ICD-10 (Internationale Klassifikation der Krankheiten) die narzisstische Persönlichkeitsstörung als Teil der Kategorie F60.8 (Andere spezifische Persönlichkeitsstörungen). Diese wird durch übersteigertes Bedürfnis nach Bewunderung, mangelndes Einfühlungsvermögen und ein übertriebenes Selbstwertgefühl charakterisiert.

Konflikte jenseits von Diagnosen

In den meisten Fällen, die in der Mediation an mich herangetragen werden, geht es nicht um klinische Diagnosen. Vielmehr handelt es sich häufig um subjektive Beschreibungen von vermeintlich narzisstischen oder toxischen Verhaltensweisen.

Beispiele dafür sind:

  • „Er denkt nur an sich und setzt sich über alles hinweg!“
  • „Sie ignoriert meine Bedürfnisse – das ist doch toxisch!“

Diese Beschreibungen spiegeln oft persönliche Konflikte wider und basieren auf Laienverständnissen von Begriffen wie „Narzissmus“ oder „toxisches Verhalten“.

Wenn alles „toxisch“ wird

Es ist wichtig, hier zu differenzieren: Nicht jedes Verhalten, das als belastend empfunden wird, ist tatsächlich toxisch. Beispiele:

  • Berechtigte Entscheidungen von Führungskräften, wie das Erteilen legitimer Anweisungen.
  • Gesunde Abgrenzung, etwa die Ablehnung zusätzlicher Aufgaben.
  • Rückzug aus belastenden Situationen, der eigentlich wünschenswert ist.

In Konflikten neigen viele dazu, das Verhalten anderer schnell als toxisch zu bewerten, insbesondere, wenn es nicht den eigenen Erwartungen entspricht. Doch: Nicht alles, was unbequem ist, ist automatisch schädlich oder manipulativ.

Was tun bei toxischem Verhalten oder Narzissmus?

Keine Sorge: Dank meiner Erfahrung und Ausbildung kann ich auch mit solchen Situationen professionell umgehen. Auch meine Co-Mediator:innen sind mit der Thematik vertraut. Gemeinsam lenken wir selbst komplexe Persönlichkeiten in geordnete Bahnen und ermöglichen einen konstruktiven Prozess der Lösungsfindung.

Wenn eine Partei versucht, uns zu manipulieren oder nicht an einer echten, konsensualen Lösung interessiert ist, sprechen wir die Situation mit Feingefühl an, passen unsere Methoden an und brechen im Extremfall die Mediation ab.

Interessanterweise führt selbst diese Intervention oft dazu, dass sich auch hartnäckige Narzissten auf einen geordneten Prozess einlassen, denn auch sie haben meist (verborgene) Bedürfnisse, die zu einem Konsens oder Kompromiss beitragen können. Beispielsweise können auch provokativ wirkende Fragen und Beschreibungen von Beobachtungen der Mediator:innen hier den Prozess bereichern, wie „Ich habe das Gefühl, dieses Thema ist ihnen persönlich äußerst wichtig, würden Sie mir hierbei zustimmen?“ oder „Ich habe verstanden, dass es ihnen sehr wichtig ist, wie die Umwelt Sie und diese Situation wahrnimmt, allerdings ist mir noch nicht klar warum Ihnen dies in diesem Fall so wichtig ist. Können Sie mir dies genauer erklären?“

Das Hinterfragen des Verhaltens und nicht der Person zwingt Menschen einerseits über ihre Handlungen und ihr Verhalten zu reflektieren und andererseits denonziert es die Person nicht in ihrer Würde und Menschlichkeit. Selbst die provokativste Intervention darf die Würde des Menschen nicht verletzen.

Besondere Anforderungen in der Mediation

In der Mediation ist es entscheidend zu erkennen, ob eine Person aufgrund vernachlässigter Bedürfnisse so handelt, wie sie es tut, oder ob eine psychische oder physische Erkrankung vorliegt, die andere Handlungen verhindert.

Beispiele:

  • Autismus-Spektrum-Störung (ASS): Menschen mit ASS zeigen oft spezielle Verhaltensweisen und Wahrnehmungen, die aus ihrer Diagnose resultieren.
  • Borderline-Persönlichkeitsstörung: Diese Menschen haben oft Schwierigkeiten mit emotionaler Regulation und Beziehungen, was sich auf ihr Verhalten auswirken kann.

Psychologie als PowerUp für meine Arbeit

Ich beschäftige mich intensiv mit Psychologie bzw. Wirtschaftspsychologie und Psychotherapie, auch auf akademischem Niveau. Dieses Wissen und die daraus resultierenden Fähigkeiten bereichern natürlich auch meine Arbeit als Mediator. Aktuell absolviere ich nebenberuflich das Psychotherapeutische Propädeutikum in Wien, ein Bestandteil der Ausbildung zum Psychotherapeuten. Diese Weiterbildung vertieft mein Verständnis für zwischenmenschliche Dynamiken und hilft mir, noch präziser und lösungsorientierter auf individuelle Konfliktsituationen einzugehen.

Als Mediator:innen führen wir jedoch keine psychiatrischen oder psychotherapeutischen Diagnosen durch. Mediation ist keine Therapie, wenngleich sie oft eine immense Erleichterung für Konfliktsituationen bringen kann. Klarheit und Lösungsorientierung sollten nicht mit Therapie verwechselt werden.

Konflikt-Coaching: Unterstützung für Führungskräfte und Teams

Im Konflikt-Coaching helfe ich Führungskräften, Einzelpersonen und Teams dabei, schwierige Streitsituationen im beruflichen Kontext zu analysieren, zu klären und besser damit umzugehen. Häufige Anliegen sind:

  • „Wir haben Mobbing im Team – wie kann ich damit umgehen?“
  • „Ich bin Teamleiter:in und habe einen Konflikt mit XY – was kann ich tun?“

Hier biete ich praxisnahe und individuell angepasste Unterstützung an.

Manchmal wenden sich auch Menschen an mich, die sagen: „Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich manipuliert werde!“ In solchen Fällen verweise ich gerne auf einen lieben Kollegen von mir, der auf das Training des Erkennens und des Umgangs mit toxischem Verhalten spezialisiert ist.

Hast du Fragen zu diesem Thema oder benötigst Unterstützung? Lass uns gemeinsam eine Lösung finden – kontaktiere mich jetzt!

09/12/2024
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